Vortrag Mario Dunkel (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Germany) am 09. Juni 2021, 18.00 Uhr, Online-Veranstaltung
Zur Konstruktivität von Jazzgeschichte: Implikationen für Jazzforschung und Jazzdidaktik
New Orleans Jazz, Dixieland, Chicago Jazz, Swing, Bebop, Cool Jazz, Hard Bop und Free Jazz. Bis heute wird die Geschichte des Jazz als eine „Tradition“ erzählt, die aus festen Bestandteilen besteht, darunter eine Abfolge von Jazzstilen. Wie ist diese Konstruktion von Musikgeschichte entstanden? Welche alternativen Perspektiven gab es? Und warum hat sich das Narrativ einer solchen feststehenden Tradition durchgesetzt?
Mario Dunkel diskutiert in seinem Vortrag Narrative der Jazzgeschichte von den Anfängen des Jazz bis in die späten 1950er Jahre. Er versteht die Jazztradition dabei zugleich als einen Versuch der Annäherung an eine historische Realität und das Produkt einer Konkurrenz unterschiedlicher Narrative und kultureller Mythen. Von der Middlebrow-Kultur der 1920er Jahre, dem New Deal, der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung bis hin zur Rolle der USA im Kalten Krieg zeigt Dunkel, wie die Jazztradition als globale Erzählung des 20. Jahrhunderts mit größeren gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen verwoben ist. Im abschließenden Teil des Vortrags wird diskutiert, welche Folgerungen sich aus der thematisierten Konstruktivität von Jazzgeschichte für die Jazzforschung und die Vermittlung von Jazz im Schulunterricht ergeben.
Mario Dunkel studierte Musik, Englisch und Amerikanistik in Dortmund, Atlanta und New York. Er promovierte mit einer Dissertation zur Konstruktivität von Jazzgeschichte an der TU Dortmund, die kürzlich als Band 48 der Grazer Publikationsreihe Jazzforschung / Jazz Research unter dem Titel The Stories of Jazz: Narrating a Musical Tradition (Hollitzer, 2021) erschienen ist.
Dunkel ist zurzeit Juniorprofessor für Musikpädagogik am Institut für Musik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Jazzgeschichte, Musik und Politik sowie transkulturelle Musikpädagogik. Er ist außerdem Principal Investigator des Projekts Popular Music and the Rise of Populism in Europe (VolkswagenStiftung), in dem er ebenfalls eng mit dem Institut für Jazzforschung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz kooperiert.